Bibliotheksgut
Die Pfälzische Landesbibliothek Speyer (1935 - 1945 Saarpfälzische Landesbibliothek) erhielt 1941 eine ca. zweitausend Titel umfassende Schenkung zum einen von der „Kreisleitung Speyer“ zum anderen von der „Stadt Speyer“. Beide Bezugsquellen werden im Akzessionsjorunal abwechseln genannt. Die autoptische Prüfung des Zuganges hat ergeben, dass Bücher der gleichen Herkunft einmal unter „Kreisleitung Speyer“ und ein andermal unter „Stadt Speyer“ akzessioniert worden sind. Dieser Umstand trifft auch auf die Bücher des „Borromäus-Vereins“ zu. Der auf Volksbildung und religiöse Erneuerung ausgerichtete „Borromäus-Verein“ wurde 1845 in Bonn gegründet und unterhielt Vereinsbibliotheken in zahlreichen katholischen Gemeinden bzw. betreute dort die Pfarrbüchereien. Da ein Großteil ihres Angebots aus weltlicher Literatur bestand und sie im Jahr 1900 auch für Nicht-Mitglieder zugänglich gemacht wurden, fungierten die Borromäusbüchereien gleichsam als Volksbibliotheken. Anders als die Volksbibliotheken waren sie als katholische Büchereien ab 1933 aber nicht verpflichtet, ihren Bestand an der NS-Ideologie auszurichten. Diese Konkurrenzsituation musste das NS-Regime aus Rücksichtnahme auf die katholische Kirche lange Zeit dulden. Maßnahmen gegen den „Borromäus-Verein“ scheiterten am Widerstand der katholischen Kirche.
Die endgültige Verdrängung der Borromäusbüchereien bzw. des „Borromäus-Vereins“ aus dem öffentlichen Leben gelang erst mit dem Erlass des REM vom 14.8.1940, wonach sämtliche nicht-religiöse Literatur aus den katholischen Büchereien (überwiegend Borromäusbüchereien) entfernt werden musste. Die Bücher wurden von der Gestapo beschlagnahmt.
Die hier gemeldeten fünf Bücher können anhand von Exlibris und Signaturen dem „Borromäus-Verein“ zugeordnet werden, auch wenn nicht klar ist, aus welcher Bücherei konkret sie stammen. Die Bücher sind möglicherweise im Zuge des REM-Erlasses vom 14.8.1940 in die Landesbibliothek Speyer gelangt. In dem Fall würde es sich um NS-Raubgut handeln.
Die Abgabe der Bücher an die Pfälzische Landesbibliothek könnte aber auch mit der sogenannten „Rosenberg-Spende“ in Zusammenhang stehen. In dem Zugang von der „Kreisleitung Speyer“ bzw. der „Stadt Speyer“ befinden sich mehrere als „Alfred-Rosenberg-Spende für die Deutsche Wehrmacht“ ausgewiesene Bücher. Im Oktober 1939 hatte der NS-Ideologe Alfred Rosenberg erstmalig zu einer Büchersammlung für die Frontsoldaten aufgerufen, die im Rahmen des Winterhilfswerkes in den kommenden Jahren fortgesetzt wurde. Es ist denkbar, dass sich der „Borromäus-Verein“ an dieser Spendenaktion noch vor dem REM-Erlass beteiligt hat. Dann würde es sich um eine freiwillige Abgabe und demzufolge nicht um NS-Raubgut handeln.
Pfälzische Landesbibliothek
Otto-Mayer-Str. 9
67346 Speyer
Deutschland