Oberösterreichische Landesmuseen
Über die Institution
Provenienzforschung
Im Kontext des 1998 verabschiedeten Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (BGBl. 181/1998) erstellte das Oberösterreichische Landesmuseum auf Weisung des oberösterreichischen Landeshauptmannes einen Bericht über die Restitution von in der NS-Zeit entzogenen Kunstgütern.
Im Jahr 2002 verabschiedete das Land Oberösterreich ein Restitutionsgesetz, das sich auf "arisiertes" Kunstvermögen bezieht Landesgesetz über Restitutionsmaßnahmen für Opfer des Nationalsozialismus vom 1.4.2002). Schon zuvor hatte in Weiterführung des oben genannten Restitutionsberichts die Landeskulturdirektion Oberösterreich ein wissenschaftliches Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, das die Erforschung von Vermögensentzug von Kunst in Oberösterreich und damit zusammenhängende Komplexe zur Grundlage hatte.
Mit dem Projekt beauftragt wurde das Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Johannes Kepler Universität Linz unter Projektleitung von Univ.Prof. Dr. Michael John. Projektmitarbeiterinnen waren Univ.Ass. Dr. Birgit Kirchmayr (Institut für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte, Johannes Kepler Universität) sowie Dr. Friedrich Buchmayr (Bibliothek, Stift St. Florian).
Neben der Erforschung der zeithistorischen Hintergründe war auch die Beforschung von Objekten, die im Restitutionsbericht des Landesmuseums als fraglich eingestuft worden waren, im Projektauftrag verankert. Dabei wurde von den ProjektmitarbeiterInnen in enger Kooperation mit den MitarbeiterInnen des Oberösterreichischen Landesmuseums gearbeitet.
Im Mittelpunkt dieser Untersuchungen stand ein Bestand von 17 Gemälden, auf deren Karteikarten sich die Eintragung "1945 vom Collecting Point München übernommen" fand und deren Herkunft dem Landesmuseum bis dato unbekannt war. Im Zuge der Forschungen konnten schließlich wesentliche Erkenntnisse über diesen Bestand gewonnen werden: Die Gemälde waren während des Krieges von NS-Reichsstellen, zumeist im Kontext des "Sonderauftrag Linz" für das geplante "Linzer Führermuseum" erworben worden. Die in mehreren Depots gelagerten Kunstwerke (Reichskunstdepot Kremsmünster, Depot Schloss Thürntal, Depot "Agathawirt" bei St. Goisern) wurden 1945 von amerikanischen Kunstsachverständigeneinheiten übernommen und seit 1948 in Linz gelagert, wo die Bilder 1951 zur Deponierung in das Oberösterreichische Landesmuseum gelangten, wo sie letztlich verblieben.
Über die weitere Provenienz dieser Bilder, das heißt über ihre Besitzverhältnisse vor ihrer Erwerbung durch NS-Stellen, konnten ebenfalls Erkenntnisse gewonnen werden, die allerdings nicht in allen Fällen zur Klärung der früheren Eigentumsverhältnisse führten. Das Gros der Gemälde wurde über den deutschen Kunsthandel für das Führermuseum angekauft, nur in einzelnen Fällen konnten Vorbesitzer recherchiert und damit ein Raubkunstverdacht verifiziert oder ausgeschlossen werden. Im Fall eines Bildes konnte eine Enteignung nachgewiesen und das Bild an die ehemalige Besitzerin restituiert werden, im Fall von zwei Bildern konnte ein Raubkunstverdacht klar ausgeschlossen werden, für die restlichen 14 Bilder bleiben je nach vorliegenden Informationen Zweifel an der Herkunft. Aus diesem Grund - neben dem prinzipiellen Wunsch des Landes Oberösterreich und des Oberösterreichischen Landesmuseums nach Transparenz in diesem Bereich - werden die bisherigen Erkenntnisse über den Bestand der fraglichen Bilder auch auf diesem Weg veröffentlicht.
Ebenfalls veröffentlicht werden Fotos und Kurzbeschreibungen weiterer Objekte aus entzogenen Sammlungen, deren Besitzer trotz Recherchen nach wie vor unbekannt sind.
Detaillierte Information zu den Forschungsergebnissen finden sich auch in der 2007 erschienenen Publikation des Forschungsprojekts:
Birgit Kirchmayr, Friedrich Buchmayr, Michael John: Geraubte Kunst in Oberdonau, Linz 2007 (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus Bd. 6)
Personen, die etwas über die Geschichte der genannten Bilder wissen, werden dezidiert gebeten, sich mit ihren Informationen an uns zu wenden und somit zur weiteren lückenlosen Klärung der Geschichte der Bilder beizutragen.
Informationen erbeten an:
Oberösterreichisches Landesmuseum, Dir. Peter Assmann, Museumstraße 14, 4020 Linz, Tel: +43-0732-774482-42, Fax: DW -66, email: direktion@landesmuseum.at
Als neuestes Forschungsprojekt im Bereich Provenienzforschung wurde 2009 mit der konkreten Bestandsuntersuchung der Schenkung Kastner begonnen. Die bereits im ersten Provenienzbericht aus dem Jahr 2000 genannte umfangreiche und kunsthistorisch bedeutende Privatsammlung gelangte im Jahr 1974 als Schenkung des Wiener Juristen Dr. Walther Kastner in den Besitz des Oberösterreichischen Landesmuseums. Kastners Funktion während der NS-Zeit, in der er als Direktor der Kontrollbank in das System der „Arisierung“ eingebunden war, erfordert aus heutiger Sicht eine genaue Untersuchung des Bestandes. Konkrete Verdachtsmomente in Bezug auf enteignete Objekte liegen nach gegenwärtigem Wissensstand nicht vor, beinahe alle Objekte wurden erst nach 1945 erworben. Da aber auch bei Auktionserwerbungen nach 1945 Provenienzen aus enteigneten Beständen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden können, werden auch für diese Objekte Untersuchungen durchgeführt. Erste Ergebnisse werden Ende 2009 veröffentlicht.
Projekmitarbeiter/innen: Mag. Manuel Heinl, Dr. Birgit Kirchmayr
Adresse
Oberösterreichische Landesmuseen
Museumsstraße 14
4010 Linz
Österreich