Bibliotheksgut
Die Stadtbibliothek Nürnberg verwahrt in ihren Magazinen drei Bestandsgruppen, die heute unter dem Begriff "Sammlung Israelitische Kultusgemeinde (IKG)" zusammengefasst werden. Die Bestände stammen größtenteils aus ehemaligem jüdischen Besitz und sind den Vorbesitzern verfolgungsbedingt in der Zeit von 1933 bis 1945 von nationalsozialistischen Gruppierungen entzogen worden. Sie lagerten bei Kriegsende in den Redaktionsräumen des antisemitischen Hetzblattes "Der Stürmer" (Pfannenschmiedsgasse 18) bzw. dem Landgut "Pleikershof" von Julius Streicher. Die Bestände wurden 1945 von der US-Armee beschlagnahmt und der sich neu konstituierenden jüdischen Gemeinde übergeben. Letztere verfügte, dass die Bücher in ihrem Besitz verbleiben, aber als Dauerleihgabe der Israelitischen Kultusgemeinde der Stadt überlassen und in der Stadtbibliothek aufbewahrt werden sollen (vgl. die Angaben zur Sammlung).
Bei der "Sammlung IKG" handelt sich um ca. 8.000-9.000 Bücher, bestehend aus:
a) der Signaturgruppe "Glatte Nummern" (Beispiele -1-; -58- usw.): Bücher aus allen Fachgebieten sowie sehr viel Belletristik, größerer Anteil jüdischer Autoren, bemerkenswerter Anteil ausländischer Druckorte bzw. Fremdsprachen; zusätzlich eine Gruppe "Politik und Volkswirtschaft" mit zahlreichen Titeln über die Arbeiterbewegung sowie zu Sozialismus und Kommunismus. Die ca. 4.000 Bände wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt ohne Inventarnummern katalogisiert.
b) knapp 3.500 Bücher einer Signaturgruppe "St" (= "Stürmer"), größtenteils Judaika, ein kleinerer Teil (ca. 15%) besteht aus antisemitischem Schrifttum; dazu kommen einige Masonica. Die seit 1952 nach dem Verfasseralphabet aufgestellten Bände wurden ab 1959 katalogisiert und 1961/62 als Geschenke in das Akzessionsbuch der Stadtbibliothek eingetragen. Am 9.2.1960 gab der damalige Bibliotheksdirektor Karlheinz Goldmann der Presse bekannt, dass mit Hilfe von Werkstudenten "eine der größten Spezialbüchereien des Judentums und der Freimaurerei in Europa katalogisiert" werde.
c) etwa 1.000 Schriften, fast ausschließlich Judaika. Diese Bände sind bis 1997 unkatalogisiert geblieben.
Alle 3 Bestandsgruppen zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Büchern mit Besitzeinträgen von Privatpersonen und Institutionen aus. Nur ein kleinerer Teil lässt sich mit Nürnberger Vorbesitzern in Verbindung bringen; der überwiegende Teil ist geographisch dem "Großdeutschen Reich" zuzuweisen, also dem gesamten deutschsprachigen Raum mit Elsass, Österreich, Polen und Slowakei sowie dem besetzten Frankreich. Der Bestand an freimaurerischem Schrifttum (Masonica) in der Signaturengruppe "St" bzw. an Schriften über die Arbeiterbewegung, Sozialismus und Marxismus in der Signaturengruppe "Glatte Nummern" lässt vermuten, dass in die Redaktionsbibliothek des "Stürmer" bzw. in die Privatbibliothek Streichers auch Besitz nichtjüdischer Opfergruppen eingegangen ist.
siehe auch: Externer Link
Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg
Gewerbemuseumsplatz 4
90403 Nürnberg
Deutschland
Postfach Postfach
90317 Nürnberg
Deutschland