Eisenmann, Margarete (geb. Ledermann)
Über die Person
Margarete Eisenmann, geb. Ledermann (19.02.1867 Breslau - 29.09.1942, KL Treblinka) war mit Samuel Felix Eisenmann (06.08.1855 Berlin - 27.09.1918 Berlin) verheiratet, der als portugiesischer Vize-Consul und Teilhaber der von seinem Vater Raphael Eisenmann gegründeten Spritfabrik R. Eisenmann in wohlhabenden Verhältnissen lebte.
Margarete Eisenmann war die Tochter von Wolf Wilhelm Ledermann, Bankier, Geheimer Kommerzienrat, Raths- und Rittergutbesitzer und seiner Ehefrau Elise Ledermann, geborene Frankenstein. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Günter Bernhard Eisenmann (08.03.1890 Berlin - 15.08.1963 Berlin) und Raphaela Babette Eisenmann, geschiedene Kahn (02.05.94 Berlin - 31.12.1944 für tot erklärt).
Die Firma R. Eisenmann blieb nach dem Tod von Samuel Felix Eisenmann und trotz Umwandlungen der Rechtsform bis zur Zwangsliquidation 1939 in der Inhaberschaft von Familienmitgliedern, zuletzt der beiden Kinder von Samuel Felix Eisenmann.
Zehn Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes entschloss sich Margarete Eisenmann Teile der Sammlung zu verkaufen. 1928 wurde auf einer Auktion bei Paul Graupe eine umfassende Graphiksammlung mit Werken von Daniel Chodowiecki und Theodor Hosemann angeboten. Zwei Jahre später wurden bei dem auf Autographen spezialisierten Antiquariat J. A. Stargardt höchstwahrscheinlich weitere Teile der Sammlung von Graphiken von Daniel Chodowiecki zur Auktion gebracht. Doch nicht nur graphische Arbeiten des Künstlers gehörten zur Sammlung: Das damals noch Daniel Chodowiecki zugeschriebene Ölgemälde "Hahnenschlag" war 1926 noch im Besitz von Margarete Eisenmann.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten änderten sich die Vorzeichen. Im Zuge der einsetzenden und sich verschärfenden Verfolgungsmaßnahmen gegen Juden nach 1933 wurde auch der Spielraum der begüterten Familie Eisenmann immer kleiner. Ein Prozess der wirtschaftlichen Plünderung begann. Margarete Eisenmann verlor in der Folge ihr Leben und ihr Vermögen, das betraf auch die umfangreiche Kunstsammlung.
Die Einlieferung großer Teile der „Kunstsammlung und Wohnungseinrichtung Generalkonsul Eisenmann“ bei Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus war höchstwahrscheinlich mit dem geplanten Umbau des Hauses von Margarete Eisenmann verbunden. Die großzügige Stadtvilla am Tirpitzufer 84 wurde im Laufe des Jahres 1936 in neun Mietwohnungen unterteilt. Die Aufteilung des Hauses in kleinere Mieteinheiten versprach neben Mieteinnahmen zunächst steuerliche Vorteile, die jedoch bereits 1938 für Juden ausgesetzt worden.
Die Auktion bot insgesamt 1072 Nummern an, darunter Gemälde alter und neuer Meister, Graphik, zahlreiche Möbel und Kunstgewerbe. Neben europäischem und chinesischem Porzellan wurden Fayencen vornehmlich deutscher Provenienz angeboten, darunter eine Sammlung verschiedener Krüge. Auch Plastiken und Bronzen wurden offeriert sowie eine kleine Sammlung Berliner Eisengussobjekte. Unter den niederländischen Meistern befanden sich neben anderem Gemälde von Franz Mieris d.Ä., Jan Miense Molenaer, Nicolaes Berchem und Johannes Cornelisz Verspronck. Eine bemerkenswerte „Caritas“ aus der Werkstatt des Cranach wurde unter Lot 102 angeboten.
Eine zweite Auktion beim Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus im Februar 1936 bot die nicht verkauften Objekte der ersten Auktion an. Auf einer weiteren Auktion bei dem Versteigerungshaus Union wurden nochmals 30 Objektgruppen angeboten, von denen wahrscheinlich alle bereits bei Lepke angeboten waren. Im gedruckten Katalog dieser Auktion werden diese Objekte (Lot 250-279) zwar gezählt, aber nicht aufgeführt. Die wiederum nicht verkauften Objekte wurden am 24.-25.03.1937 nochmals bei Union angeboten. Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass es eine weitere Auktion bei Union gegeben hat.
1938 wurde eins der wertvollsten Gemälde der Sammlung, die „Auferstehung Christi“ von Lucas Cranach, vom Finanzamt Tiergarten zur Verrechnung mit der sogenannten Judenvermögensabgabe (JUVA) gepfändet. Ein Gemälde von Cranach wurde im selben Jahr der Reichskanzlei zur Ansicht überreicht. Es gibt jedoch keine weiteren Hinweise, ob die Reichskanzlei das Werk erworben hat. Auch die Reichskulturkammer war involviert und legte den Kaufpreis des Bildes „Auferstehung Christi“ fest. Den Verkauf des Bildes vermittelte dann die Kunsthandlung Erna Gerlach (Berlin, Grolmannstraße 29). Der Käufer ist unbekannt. Das Bild tauchte 1949, angeblich als Einlieferung von Hans W. Lange, der jedoch bereits 1945 verstorben ist, bei Sotheby’s wieder auf. Dieses Gemälde wurde 2021 nach einer Vereinbarung zwischen dem aktuellen Besitzer und den Erben nach Margarete Eisenmann verglichen.
Drei Jahre später musste Margarete Eisenmann das ihr gehörige Grundstück Tirpitzufer 84 (bis 1933 Königin-Augustastraße 46, heute Reichpietschufer) an das in der Nachbarschaft residierende Ober-kommando der Kriegsmarine verkaufen. Teile des Verkaufserlöses wurden für weitere Abgaben der JUVA durch das Finanzamt gepfändet. Sicherlich in der Vorbereitung oder im Zuge dieser Ereignisse wurde ein Großteil der Gemälde und der wertvollen Wohnungseinrichtung in ein Depot der Firma Berthold Jacoby, Internationale Möbeltransporte verbracht. Eine Zeugin besichtigte die Objekte im Jahr 1941 in benanntem Speicher.
Im Alter von 75 Jahren wurde Margarete Eisenmann am 1. September 1942 von ihrer letzten Adresse in Berlin, Bleibtreustr. 17, in das KL Theresienstadt deportiert. Am 29. September 1942 wurde sie im KL Treblinka ermordet.
Anfang 1943, zu einem Zeitpunkt als ihr Sohn Günter Eisenmann und seine Ehefrau Grete (geb. Binte), aufgrund der Verfolgung als in sogenannter „Mischehe“ lebende Familie, ihre Wohnung zwangsweise räumen lassen musste, kam es zum Verkauf des bereits erwähnten Gemäldes „Caritas“. Ehemals Lucas Cranach zugeschrieben, war es vielleicht bereits seit 1913 im Besitz der Familie. Auf den Lepke- und Union-Auktionen 1935 und 1936 war es angeboten, allerdings nicht verkauft worden. Die Kunstkommissionärin Helen Siodmak, geb. Vocke gab nach dem Krieg folgendes dazu an: "[E]s kann im Januar oder Februar 1943 gewesen sein - brachte mir Herr Günter Eisenmann das Kopie-Gemälde 'Madonna mit den Putten' spät abends im Auftrage seiner Frau Grete Eisenmann. Ich sollte es verkaufen, konnte es aber nur gegen ein paar Hundert Mark bei einem Händler abstoßen.“ Darüber hinaus hatte Helen Siodmak mehr als 30 Objekte - Möbel, Schmuck, Antiquitäten und zwei Gemälde - aus dem Besitz von Grete und Günter Eisenmann in Kommission übernommen, die sie während der Jahre 1937 bis 1945 verkaufte. Ob sich darunter weitere Objekte aus der Sammlung Margarete Eisenmann befanden, ist noch Gegenstand der Untersuchung.
Helen Siodmak war es auch, die eine Auktion der bei der Firma Berthold Jacoby eingelagerte (Rest-) Sammlung von Margarete Eisenmann nach ihrer Deportation 1942 bezeugte: „Die Versteigerung fand am Kottbusser Ufer im Auftrage des Oberfinanzpräsidiums durch einen öffentlich bestellten Gerichtsvollzieher statt“. Die dort versteigerten Objekte sind bisher unbekannt.
Zunächst werden die bisher bekannten Gemälde der Sammlung Margarete Eisenmann angemeldet, die restlichen Objektgruppen folgen im Laufe der nächsten Zeit.
Ausgewählte Quellen
• Adress-, Telefonbücher, Handelsregister von Berlin.
• [Anzeige]. In: Die Weltkunst. IX(1935)23, S.3.
• D - LAB, A Rep. 243-04, Nr. 38, Margarethe Eise[n]mann, (Union, Leo Spik, Auktion vom 07.-08.10.1936)
• D - LAB, A Rep. 243-04, Nr. 50, Eisenmann, Margarete (Rudolf Lepke's Kunst Auctions-Haus, Auktion vom 12.-13.02.1936)
• D - LAB, A Rep. 243-04, Nr. 50, Eisenmann, Margarete (Union, Leo Spik, Auktion vom 24.-25.03.1937)
• D - LAB, A Rep. 243-04, Nr. 70, Karteikarte Eisenmann, Margarete
• D - LAB, B Rep. 025-01, WGA 2080/51, nach Eisenmann, Margarete
• D - LAB, B Rep. 025-06, WGA 1299/50, nach Eisenmann, Margarete
• D - LAB, GDB
• D - LABO, Entschädigungsamt Berlin, Reg. Nr. 991, Margarete Eisenmann
• D - LABO, Entschädigungsamt Berlin, Reg. Nr. 992, Günter Eisenmann
• D - LABO, Entschädigungsamt Berlin, Reg. Nr. 993, Grete Eisenmann, geb. Binte
• D - ITS Arolsen, AJDC Berlin Kartei (Deportationen), DE ITS 1.2.1.2
• D - ITS Arolsen, Ghetto Theresienstadt-Kartei, 11422001
• D - ITS Arolsen, Welle 28 - Alterstransporte 51-57 nach Theresienstadt, 27.08.1942 - 05.09.1942, 15510021a
• Caroline Flick: Die Verwertung von Emigrantengut durch den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg am Beispiel der eingelagerten Mobilien von Georg und Martin Tietz. Umzugsgüter Tietz (Teil 2). In: KUR. 1(2019), S.11-23, hier S.20-22.
• Max J. Friedländer, Jakob Rosenberg: Die Gemälde von Lucas Cranach. Berlin 1932.
• Paul Graupe: Die Sammlung des Herrn Generalkonsul Eisenmann und Beiträge aus anderem Besitz: eine Sammlung seltener und kostbarer Porträtstiche von Friedrich Bause, das fast vollständige graphische Werk von Daniel Chodowiecki und Theodor Hosemann, mit vielen frühesten Zustandsdrucken, Probedrucken und zahlreichen Handzeichnungen. Alt-Berlin, Pläne, Ansichten, Militaria, Karikaturen und Volkstypen, Porzellan. Auktion vom 08.-10.10.1928. Berlin 1928.
• Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Preussen. Berlin 1912. S.90.
• Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus: Kunstsammlung und Wohnungseinrichtung Generalkonsul Eisenmann, Berlin. Auktion vom 19.-20.06.1935. Berlin 1935.
• Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus: Antiquitäten, Gemälde alter und neuerer Meister: Renaissance-, Barock-, Rokoko-Möbel, Gobelins des 17. Jahrh., Bronzen, Porzellane, Fayencen, Steinzeug, persische Teppiche, Kleinkunst, moderne Möbel: Herrenzimmer, Speisezimmer, Einzelmöbel, silberner Besteckkasten, Bechstein-Flügel. Auktion vom 12.-13.02.1936. Berlin 1936. (Lot 1-72, 432-523 Ei.)
• Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus: Antiquitäten, Möbel, Tapisserien, Kunstgewerbe: Gemälde alter und neuerer Meister. Auktion vom 08.03.1938. Berlin 1938. Lot 501/502.(?)
• [Rubrik] Auktions-Vorschau. In: Die Weltkunst. IX(1935)22, S.3.
• J. A. Stargardt: Berlin seit 200 Jahren. Generalkonsul Eisenmann und anderer Besitz. Gemälde, Graphik, Porzellan, Eisen, Chroniken, Illustrierte Bücher Berliner Künstler, Scherenschnitte. Auktion vom 16., 17.-18.10.1930. Berlin 1930.
• editionhansposse.gnm.de/wisski/navigate/3247/view [DKA, NL Posse, Hans, I,B-3, 05.1940 (0088)]
• www.ancestry.de
• www.christies.com/lot/lot-lucas-cranach-i-the-resurrection-6313040
Esther Sabelus