Fuchs, Eduard
Über die Person
Der am 31.01.1870 geborene Göppinger war Sohn eines ständig im Konkurs befindlichen Kaufmanns, der bereits 1871 nach Stuttgart umzog, um dort sein „Glück“ zu machen. Bereits als 14-Jähriger engagierte sich Eduard Fuchs bei Freidenkern, Anarchisten und den damals verbotenen Sozialdemokraten, denen er als 16-Jähriger beitrat. Er wurde einer der führenden Köpfe einer rebellischen Jugendszene Der Kaufmannslehrling musste zweimal ins Gefängnis: er wurde zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er in einem Flugblatt 1888 Kaiser Wilhelm als “preußischen Massenmörder“ bezeichnet hatte und bekam weitere 5 Monate als Kurier verbotener, sozialdemokratischer Schriften. Nachdem seine Eltern früh starben, nahmen sich der Sozialdemokrat Jakob Stern und die Redakteurin Clara Zetkin der Waise an.
Seine berufliche Laufbahn begann er als Verlagsleiter in München, dort sollte er einen schlagkräftigen Zeitungskonzern der „Münchner Post“ aufbauen. Als „Krankenvertretung“ fabrizierte er die Mai-Nummer der Satirezeitschrift „Süddeutscher Postillon“ so erfolgreich, dass er fortan als verantwortlicher Redakteur zeichnete. Sein freches und respektloses Schreiben brachte ihm zahlreiche Prozesse ein, die meist mit Freisprüchen endeten, aber 1899 wurde er nochmals wegen Majestätsbeleidung zu zehnmonatiger Festungshaft verurteilt. Die Haftzeit nutzte er zur Vorbereitung der „Geschichte der Europäischen Karikatur“. Fuchs entdeckte die Karikatur als historische Quelle und als erster erkannte er in Deutschland die Bedeutung von Honoré Daumier. Frühzeitig in der Münchener Kunstszene aktiv, war er an der Uraufführung von Büchners Theaterstück "Leonce und Lena" oder der Gründung der Münchner Volksbühne beteiligt. Er fand Karikaturisten für Lenins illegale Zeitschrift „Iskra“ und war einer der wenigen, die ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm hatten.
Auf der Suche nach neuen Karikaturisten entdeckte er Bruno Paul, Josef Benedikt Engl, Sascha Schneider und entwickelte eine enge Freundschaft zu dem Maler Max Slevogt, aus dessen Atelier er zahlreiche Werke geschenkt bekam. Meist im Tausch gegen Fuchs-Bücher oder Daumier-Lithografien.
Infolge seiner politischen Einstellung und der kostspieligen Prozesse wurde er als Redakteur in München entlassen und 1901 zog er nach Berlin. Dort arbeitete Eduard Fuchs in sozialdemokratischen Verlagen und als freier Schriftsteller. Die von ihm 1909 verfasste "Illustrierte Sittengeschichte" wurde zum Bestseller der Vorkriegszeit, die ihm den Namen „Sitten-Fuchs“ und ein Millioneneinkommen als Autor bescherten. Vor allem für die Illustration seiner Bücher benötigte er seine riesige Sammlung von Gemälden, Zeichnungen, Graphiken und Plakaten.
Als Grundstock der Sammlung besaß Fuchs 1909 bereits 3.800 Lithografien von Daumier. Ende der zwanziger Jahre besaß er 6.000 Drucke des Franzosen und 1927 konnte er 21 Gemälde und 16 Zeichnungen des großen französischen Künstlers sein eigen nennen. Der persönlichste Teil der Sammlung bestand jedoch aus 44 Gemälden und mindestens 10 Aquarellen Max Slevogts, von denen ein großer Teil direkt aus dem Atelier des befreundeten Malers stammte. Ein Höhepunkt dieser langen Freundschaft war die gemeinsame Ägyptenreise Anfang 1914. Auch Max Liebermann war in der Sammlung mit 19 Gemälden vertreten. Erwähnenswert sind auch seine Bestände an kunstgewerblichen Objekten aus Majolika und Porzellan sowie die umfangreiche Ostasiatika-Sammlung. Mit 120 Objekten besaß Fuchs damals die größte Sammlung chinesischer Dachreiter. Außerordentliche Bedeutung für sein eigenes wissenschaftliches Arbeiten hatte die sittengeschichtliche Sammlung mit über zwanzigtausend Zeichnungen, Drucken, Flugblättern und Plakaten.
Anfang der zwanziger Jahre erwarb Fuchs für fünf Liebermann-Gemälde von dem Kunsthändler Hugo Perls eine von Mies van der Rohe 1901 erbaute Villa in Berlin-Zehlendorf, wo er seine Sammlung etablierte. Der Garten wurde als japanischer Garten von dem Potsdamer Staudenzüchter und Gartenphilosophen Karl Förster angelegt.
Politisch blieb Fuchs aktiv, aber meist hinter den Kulissen. Nachdem die Sozialdemokratie den Kriegskrediten zustimmte, verließ er die Partei und wurde einer der Hauptakteure der noch kleinen Friedensbewegung. Als Gründungsmitglied des Spartakus-Bundes führte er konspirative Verhandlungen mit den Bolschewiki in Stockholm und ging Anfang 1919 - legitimiert von Rosa Luxemburg - zu Lenin, um dort Strategien zu besprechen und finanzielle Unterstützung für die Deutsche Revolution zu organisieren. Doch das Geld kam zu spät, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht waren bereits ermordet. Das ihnen gewidmete Revolutions-Denkmal in Friedrichshain ging direkt auf Fuchs zurück.
Mit Stalin und Thälmann verlor Fuchs in der Partei an Einfluss, obwohl er als Vorsitzender der „Gesellschaft der Freunde des Neuen Russland“ ein hervorragendes Netzwerk mit Bucharin, Pieck und Zetkin sowie bürgerlichen Intellektuellen, insbesondere der jüdischen Kulturszene, hatte. 1928 trat er spektakulär aus der KPD aus, nachdem dort eine breitangelegte Bündnispolitik und die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften durch falsche Politikentscheidungen unmöglich gemacht wurden. Er unterstützte danach die KPD (Opposition), ohne politische Funktionen zu übernehmen.
Mit Dr. Felix Weil initiierte Fuchs 1922 die Gründung des Frankfurter Instituts für Sozialforschung und 1924 gründete er in Berlin ein Archiv für Sozialforschung, um Material zu Faschismus in Europa, zu Antisemitismus und den nationalen Befreiungsbewegungen zu sammeln. Der berühmte Aufsatz von Walter Benjamin zu „Eduard Fuchs, der Sammler und der Historiker“ (1937) eine Auftragsarbeit des Instituts für Sozialforschung, würdigte ihn als „Pionier der materialistischen Kunstbetrachtung“ und konkretisierte dies: „Fuchs ist als Sammler vor allem ein Pionier: der Begründer eines einzig dastehenden Archivs zur Geschichte der Karikatur, der erotischen Kunst und des Sittenbildes.“
Mitte der Zwanziger Jahre beschlossen Eduard und Margarete Fuchs (Tochter des jüdischen Warenhausbesitzers „Gebrüder Alsberg“) die umfangreiche Sammlung, seine Mies van der Rode Villa, die 1928 von dem Stararchitekten um einen Sammlungsanbau im Bauhausstil erweitert worden war, der Stadt Berlin als Sammlermuseum mit einem Stiftungsvermögen zu vermachen. Dies wurde mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten verhindert.
Knapp 4 Wochen nach der "Machtergreifung", konkret am Tag des Reichstagsbrands, entkam Eduard Fuchs Ende Februar 1933 nur knapp seiner Verhaftung. Er floh mit seiner Frau Margarete Fuchs über Schaffhausen, Straßburg und Genf ins Exil nach Paris. Da Fuchs die Gefahr durch die Nationalsozialisten sehr ernst genommen hatte, konnte er wichtige Teile seiner Sammlung (Daumier-Gemälde) bereits vor 1933 in Sicherheit bringen.
Am 25. März 1933 fand ein Großeinsatz der Gestapo in der Villa Fuchs statt, angeblich um „kommunistisches Beweismaterial“ sicherzustellen. Am 25.10.1933 wurde die Sammlung Fuchs offiziell beschlagnahmt, die Räume versiegelt und Bücher, Plakate und Flugschriften abtransportiert. Am 26.10.1933 wurde das Mobiliar sowie die restlichen Kunstgegenstände vom Finanzamt Zehlendorf in Verwahrung genommen zur Sicherung des Anspruches auf Reichsfluchtsteuer. Die Bücher von Fuchs wurden verboten, beschlagnahmt und teilweise verbrannt. Damit war dem Autor Fuchs seine Erwerbsgrundlage entzogen.
Hinter den Kulissen gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen den Gestapochefs Diels, Himmler und Heydrich im Fall Fuchs. Fuchs hatte mit einer Londoner Rechtsanwaltsbüro Verfahren gegen die Gestapo und das Finanzamt angestrengt, die im Vorfeld der Olympischen Spiele 1936 nicht ins Konzept passten. Fuchs gelang es sogar mit einem Beschluss des Oberfinanzgerichts München die gegen ihn verhängte Reichsfluchtsteuer und den Steuersteckbrief zu kippen. Das „Wunder von Zehlendorf“ (Max Horkheimer) war dem heimlichen Widerstand von Museumsdirektoren wie Hanfstaengl (Berliner Nationalgalerie), dem Künstlerehepaar Vetter und auch französischen Ministern und Professoren zu verdanken, die sich vehement für den Erhalt und die Rückgabe der Sammlung Fuchs engagiert hatten.
Mit Erlass vom Februar 1934 wurde die Kunstsammlung Fuchs dann freigegeben unter der Bedingung, dass Fuchs nach Deutschland zurückkehren würde. Mit ärztlichen Gutachten gelang es Fuchs auch diese Hürde, die seinen sicheren Tod bedeutet hätte, zu bewältigen. Am 19.09.1935 wurden von der Gestapo sämtliche beschlagnahmten Objekte und die Villa auch ohne die Rückkehr von Fuchs freigegeben. Jetzt überließ man es der Finanzverwaltung durch die Eintreibung der Steuerschulden, die Sammlung zu liquidieren. Ein taktischer Schachzug, der bald den gewünschten Erfolg brachte: Zur Bezahlung der Steuerschulden musste seine Tochter Gertraud in Absprache mit ihrem Vater die Sammlung versteigern lassen. Die von ihr gemeinsam mit ihrem Rechtsanwalt verfassten Katalogbeschreibungen und die Objektfotos sind heute die wichtigste Quelle zur Rekonstruktion der Sammlung.
Ab 1937/1938 wurde die Sammlung auf verschiedenen Auktionen endgültig aufgelöst:
Rudolph Lepke´s Kunst-Auctions-Haus, Berlin - Auktionskatalog 2114 vom 16./17.06.1937
Rudolph Lepke´s Kunst-Auctions-Haus, Berlin - Auktionskatalog 2115 vom 15./16.10.1937
Rudolph Lepke´s Kunst-Auctions-Haus, Berlin - Auktionskatalog 2116 vom 4./5.11.1937, S. 21
Kunstantiquariat C.G. Boerner, Leipzig - Auktionskatalog 197 vom 23./24.05.1938.
Von allen Auktionen gibt es annotierte Lepke-Kataloge in der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts Den Haag und bei Boerner gibt es noch den ebenfalls annotierten Originalkatalog. Darüber hinaus ist der Exilnachlass von Eduard Fuchs, der sich heute an der Stanford University (Hoover Institution on War, Revolution and Peace, Nicolaevsky Collection Series N°264) befindet, eine einzigartige Quelle sowie die umfangreichen Fuchs-Akten des Finanzministeriums im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin und beim Landesarchiv Berlin, Potsdam.
Kurz vor dem Einmarsch der deutschen Truppen, am 26.01.1940 starb Eduard Fuchs in Paris. Er wurde auf dem Friedhof Pére Lachaise beerdigt. Seine Frau wurde ins Lager Gurs in den Pyrenäen abtransportiert und von dort aus gelang es ihr nach New York zu emigrieren.
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